Beschluss der GEW

Antrag des Ausschusses für Friedenserziehung

Die LVV hat beschlossen (einstimmig):

Die GEW-Hamburg empfiehlt ihren Mitgliedern in allen Bildungseinrichtungen der Stadt, insbesondere in Schulen, Kitas und Stadtteilzentren, in Zukunft vom Energiekonzern Vattenfall organisierte und gesponserte Veranstaltungen bzw. entsprechende Projekte nicht mehr zu unterstützen. Dies gilt u.a. für die alljährlich im April stattfindenden Vattenfall- Lesetage sowie den Vattenfall Schulcup, ein Radsportwettbewerb an Hamburger Schulen. Darüber hinaus empfiehlt die LVV der GEW ihren Mitgliedern, sich an den Vorbereitungen für Alternativ-Veranstaltungen zu den Vattenfall Lesetagen 2011 zu beteiligen. Der bisherige Arbeitstitel dafür lautet ´Lesetage selber machen – Vattenfall Tschüs sagen´.
Begründung

Die drastische Verknappung von staatlichen Geldern im Hamburger Kulturbereich lässt es schon fast geboten erscheinen, mit finanzkräftigen Sponsoren zusammenzuarbeiten. So ist es zwar nicht zu vertreten, aber zu verstehen, dass etliche GEW-KollegInnen bisher von Vattenfall gesponserte bzw. initiierte Kultur- und Sportveranstaltungen genutzt haben.

Wahrscheinlich kann es nicht schaden, sich in Zukunft auch zu generell zu überlegen, ob eine von solchen Konzernen gesponserte Republik noch eine Republik ist. Mit seinem dreckigen Kerngeschäft stößt Vattenfall in der Bevölkerung mehrheitlich auf Ablehnung, aus einer ganzen Reihe von Gründen.

  1. Als Betreiber der AKWs Krümmel und Brunsbüttel hat Vattenfall den Nachweis der Unzuverlässigkeit mehrfach erbracht.
  2. Geht das in Bau befindliche Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg in Betrieb, wird es das Klima mit jährlich rund 9 Mio.t CO2 belasten. Das ist ca. die Hälfte dessen, was Hamburg bisher insgesamt in die Atmosphäre entlässt. Auf die Stadtteile in der Abluftfahne kommen erhebliche Schadstoffbelastungen hinzu. ÄrztInnen warnen vor einer deutlichen Zunahme von Gesundheitsschäden. Zu den Hauptbetroffenen würden die Kinder gehören.
  3. Für Energiegewinnung aus Braunkohle zerschreddert Vattenfall in der Lausitz ganze Landschaften zu Abraum, intakte historische Dörfer – im Gebiet der sorbischen Minderheit - inklusive.
  4. Mit seinem Energiekonzept fördert Vattenfall weder die Gesundheit, noch die Gemeinschaft oder gar die Kultur, wie der Konzern mit Sportveranstaltungen oder den Lesetagen glauben machen will. Im Gegenteil.
  5. Vattenfall beteiligt sich auch am Raubbau von Tropenholz und am Landgrabbing.

Als Angehörige pädagogischer Berufe sehen wir es nicht als unsere Aufgabe an, Vattenfall dabei behilflich zu sein, über das unverantwortliche und rückständige Energiekonzept des Konzerns hinweg zu täuschen und davon abzulenken. Mit der Teilnahme an von Vattenfall gesponserten Sport- oder Kulturveranstaltungen würden wir das tun. Und wir würden auch außer Acht lassen, dass die Mehrheit der Bevölkerung das Energiekonzept des Konzerns ablehnt.

Wir halten es vielmehr für wichtig, Greenwashing-Kampagnen wie die des Konzerns Vattenfall durchschaubar zu machen und gemeinsam mit anderen Alternativen zu entwickeln.

Neues

Die zunehmende "Refeudalisierung des Kulturbetriebes" beklagte der Schriftsteller Ingo Schulze schon 2007 (in seiner Dankesrede anlässlich des von E.ON finanzierten Literaturpreises):

Auszug aus der Dankesrede von Ingo Schulze zur Verleihung des Thüringer Literaturpreises 2007 in Weimar

"​.. Die Tendenz zur Refeudalisierung des Kulturbetriebes geht einher mit einer allgemeinen Privatisierung und damit Ökonomisierung aller Lebensbereiche: des Gesundheitswesens, der Bildung, des Sports, des Verkehrssystems, der Wohnungswirtschaft, der Energiewirtschaft – bis dahin, dass private Firmen Polizeiaufgaben übernehmen. Ich fürchte, dass es nur noch ein kleiner Schritt sein wird, bis private Armeen im Auftrag Deutschlands zum Einsatz kommen." [Mehr...]