AUFRUF

Lesetage selber machen – Vattenfall Tschüss sagen

Hallo Hamburg, liebe Autorinnen und Autoren, verehrtes Publikum,

nichts gegen Lesetage. Es geht nicht darum, ein gut organisiertes Literaturfestival zu verteufeln, bloß weil die Veranstalter mit Sponsorengeldern versuchen, die Kosten in den Griff zu bekommen. Das ist hier nicht der Fall.

2006 hat Vattenfall die „Hamburger Lesetage“ – in Folge der Privatisierung der Hamburger Energieversorgung – als Sponsor von der HEW übernommen.

Wie im Sponsoring-Bereich mittlerweile leider allzu üblich, präsentiert sich der Energie-Multi mit der Literaturveranstaltung nicht mehr bloß als Unterstützer. Vielmehr darf sich der Konzern als Inhaber der Namensrechte „Initiator, Sponsor und Veranstalter“ nennen und sich damit als kulturaffin branden, wie es auf neudeutsch heißt.

Um auf keinen Fall im Hintergrund zu verschwinden, wird seit 2010 jede Autorin und jeder Autor von einem „Vattenfall-Paten“ betreut – ein Firmenmitarbeiter, der den Autor „dem Publikum vorstellt“. Der Firmenname und die Kulturveranstaltung sollen zu einer Marke verschmelzen – und die Medien machen allzu bereitwillig mit: „Vattenfall Lesetage“ heißt es allerorten. Möglichst oft und selbstverständlich sollen wir die Veranstaltung mit dem Namen des Konzerns verbinden. Vattenfall, Vattenfall, Vattenfall.

Wir Verlage, Autorinnen und Autoren, Übersetzer und andere Kulturschaffende wollen dieses Spiel nicht mehr mitspielen. Wir wollen nicht mehr dabei helfen, wenn Energiekonzern-Lobbyisten sich mit einem Literaturfestival schmücken. Wir weigern uns, durch unsere Arbeit das Image eines dreckigen Stromanbieters aufzupolieren. Denn Vattenfall fördert nicht die Literatur und produziert auch keine Bücher. Vattenfall produziert Atom- und Kohlekraftwerke und gehört zu dem Energie-Oligopol der vier Stromriesen, die in Deutschland die desaströse Wende zurück zur Atomenergie durchgesetzt haben.

Das von Vattenfall betriebene AKW Krümmel hat durch unzählige gefährliche Störfälle immer wieder Schlagzeilen gemacht. Seit einem Brand und mehreren Notabschaltungen im Sommer 2007 steht es still. Der Reaktor zählt zu den störanfälligsten der Republik. Anstatt den Pannenmeiler ein für alle Mal abzuschalten, will Vattenfall Krümmel im Frühjahr 2011 wieder ans Netz bringen. Auch das Kohlekraftwerk Moorburg samt einer ungeklärten Trasse durch geschützte Grünanlagen zeigt ein veraltetes und nur auf Profit ausgerichtetes Energiekonzept.

Daher schlagen wir allen Leserinnen und Lesern, Autorinnen und Autoren sowie allen Verlagen vor, mit uns zusammen dem Vattenfall-Konzern an dieser Stelle einen Strich durch die Rechnung zu machen. Denn ebenso wie es saubere Alternativen zum Kohle- und Atomstrom von Vattenfall gibt, können wir auch eine Alternative zu den Green-Washing-Lesetagen der Atom- und Kohle-Lobby bieten! Boykottiert die Vattenfall-Veranstaltungen, besucht und unterstützt stattdessen die Veranstaltungen der Initiative „Lesetage selber machen – Vattenfall Tschüss sagen“!

'''Bitte unterzeichnet diesen Aufruf, wenn Ihr mit dem Inhalt einverstanden seid! Unterzeichnung per E-Mail oder Fax an Edition Nautilus.'''
Erstunterzeichner:

Harry Rowohlt, Autor und Übersetzer, Hamburg;
Frank Göhre, Autor, Hamburg;
Brigitte Kronauer, Autorin, Hamburg;
Ilija Trojanow, Autor und Weltensammler, Wien;
Frank Schulz, Autor, Hamburg;
Sabine Peters, Autorin, Hamburg;
Michael Weber, Schauspieler, Hamburg;
Maja Pflug, Übersetzerin, München;
Gerd Fuchs, Autor, Hamburg;
Edition Nautilus, Verlag, Hamburg;
Ted Gaier, Musiker, Hamburg;
Christoph Twickel, Autor, Hamburg;
Ver.di, Fachgruppe Bildende Kunst, Hamburg;
Jörg Stange, medienwatch & metainfo, Hamburg;
Gesellschaft für operative Kunst, GfoK, Hamburg;
Nautilus Buchhandlung, Hamburg;
Knarf Rellöm, Musiker, Hamburg;
Karen Noelle, Übersetzerin;
Roberto Ohrt, Kurator und Autor, Hamburg;
Laika Verlag Hamburg;
Manfred Wieninger, Autor, Wien;
Jürgen Schneider, Übersetzer, Düsseldorf;
Carlo Schäfer, Autor;
Andreas Löhrer, Übersetzer, Hamburg;
Maja Bechert, Grafikerin, Hamburg;
Raul Zelik, Autor, Berlin;
Wolfgang Bortlik, Autor, Basel;
Hellmut Haasis, Autor;
Astrid Schmeda, Autorin;
Peter Ludewig, Verleger, München;
Patricia Hansel, freie Lektorin, Barcelona;
Anja Röhl, Autorin;
Verlag Krug & Schadenberg, Berlin;
Arndt Prenzel, Journalist, Hamburg;
Janos und Hanno, Multi Press Hamburg;
VSA-Verlag, Hamburg;
Niels Boeing, Autor, Hamburg;
Belinda Müll, Hamburg;
Lena Kristina Knake, Redakteurin, Hamburg;
Karl Heinz Roth, Stiftung für Sozialgeschichte, Bremen;
Theo Bruns, Verlag Assoziation A, Hamburg;
Susanne Klein, freie Lektorin und Bücherfrau, Hamburg;
Norman Ehehalt, NETS Promo Agentur, Hamburg;
Hans-Joachim Noack, Autor, Hamburg;
Katrin Bietz, Palingen;
Caroline Hartge, Übersetzerin und Autorin, Garbsen;
Julia Kaufhold, freie Lektorin, Hamburg;
Argument Verlag mit Aridane, Hamburg;
Monika Geier, Autorin, Hamburg;
Norbert Reck, Autor, München;
Susann Stuckert, Außenstelle Kunst, Hamburg;
Stephan Schad, Schauspieler und Sprecher, Hamburg;
Inka Marter, Übersetzerin, Hamburg;
Michael Kellner, Übersetzer und Verleger, Hamburg;
Felix Wolf, Hamburg;
Stefan Mayr und Nico Schröder, asphalt & anders Verlag, Hamburg;
Christine Mikliss, Katapult, Hamburg/Dschenin;
Cornelia Schramm, Schauspielerin, Hamburg;
Konrad Höller, Lichtplaner, Hamburg;
Elisabeth Voß, Autorin;
Ingrid Strobl, Autorin;
Ilja Bohnet, Autor;
Ann Monika Pleitgen, Autorin;
Katrin Seddig, Autorin;
Ulrike Nolte, Autorin;
Mike Glindmeier, Autor, Hamburg;
Sven Klein, Autor, Hamburg;
Folke Havekost, Autor, Hamburg;
Markus Schmidt, Akteur;
Nicolai von Schweder-Schreiner, Literaturübersetzer;
Eva Profousova, Literaturübersetzerin, Hamburg;
Susanne Höbel, Literaturübersetzerin, Hamburg;
Monique Schwitter, Autorin, Hamburg;
Buchhandlung Seitenweise, Hamburg;
S.U.Bart, Autorin, Hamburg;
Hanna Poddig, Aktivistin und Autorin, Berlin;
Henriette Dyckerhoff, freie Lektorin, Oldenburg;
Robin Wood, Hamburg;
Buchhandlung Cohen+Dobernigg, Hamburg;
Kino 3001, Hamburg;
Konkret Literaturverlag, Hamburg;
Wiglaf Droste, Autor, Berlin;
Buchladen in der Osterstraße, Hamburg;
Büchereck Niendorf Nord, Hamburg;
Georg Gess, Audiobooks, Hamburg
Jorinde Reznikoff und KP Flügel, Autoren und Journalisten, Hamburg
Buchhandlung im Schanzenviertel, Hamburg
Buchhandlung im Schanzenviertel – Kinderbücher und Pädagogik, Hamburg
Sven Baumung, Biologe, Hamburg
Ulrike v. Kieseritzky, Intendantin Monsun-Theater, Hamburg
Günter Zint, Fotograf, Hamburg
Karin Beindorff, Rundfunkredakteurin, Köln
edition fünf, München; Hamburger Übersetzertreffen;
Hannelore Meinhardt. Dr. Sabine Vogel, Literaturredakteurin, Berlin
Frank Odenthal, Journalist
Oliver Bottini, Autor, Berlin

Neues

Die zunehmende "Refeudalisierung des Kulturbetriebes" beklagte der Schriftsteller Ingo Schulze schon 2007 (in seiner Dankesrede anlässlich des von E.ON finanzierten Literaturpreises):

Auszug aus der Dankesrede von Ingo Schulze zur Verleihung des Thüringer Literaturpreises 2007 in Weimar

"​.. Die Tendenz zur Refeudalisierung des Kulturbetriebes geht einher mit einer allgemeinen Privatisierung und damit Ökonomisierung aller Lebensbereiche: des Gesundheitswesens, der Bildung, des Sports, des Verkehrssystems, der Wohnungswirtschaft, der Energiewirtschaft – bis dahin, dass private Firmen Polizeiaufgaben übernehmen. Ich fürchte, dass es nur noch ein kleiner Schritt sein wird, bis private Armeen im Auftrag Deutschlands zum Einsatz kommen." [Mehr...]